14 April 2009

Unterschied zwischen deutschen und schottischen Abschlußarbeiten (ein grober Vergleich)

Ständig erwähne ich, daß ich schreibe muss... nun will ich auch ein paar Worte allgemein darüber fallen lassen. Da ich mit meinem Auslandsstudium beabsichtige, den deutsch/schottischen Doppelabschluß zu erhalten, muss ich entsprechend was für die Universität in Edinburgh etwas leisten. Neben den üblichen Fächern muss ich auch eine Abschlußarbeit verfaßen. Den Inhalt der Arbeit habe ich bereits mehrmals beschrieben. Zusammenfassung: Ich führe einen Information Audit für den National Trust for Scotland aus. Mit diesem Eintrag ziele ich aber darauf ab allgemein die Unterschiede zwischen einer deutschen und einer schottischen/britischen Abschlußarbeit zu beschreiben!
Während meiner Zeit als Werkstudent habe ich sehr viele Diplomanden kennenlernen und beobachten dürfen. Einige wenige Diplomarbeiten habe ich auch intensiv für meine Arbeit verwendet (Huhu, Christine, der geht an dich!) Daraus habe ich in etwa ein Gefühl für (deutsche) Diplomarbeiten entwickelt, auch wenn es nur auf wenigen Beispielen beruht. Ich gehe weiter davon aus, dass sich Bachelorarbeiten im Vergleich zu Diplomarbeit hinsichtlich Umfang und Tiefe nicht allzu extrem unterscheiden.
Vorab sei gesagt, dass dies kein professioneller Vergleich ist, sondern ad hoc während dem Schreiben durchgeführt wird. Es ist also ein relativ subjektiver Vergleich, der aber auf zahlreichen Diskussionen mit meinem Mitbewohner beruht. Nun aber zum Vergleich:
Deutsche Arbeiten entsprechen dem allgemeinen Stereotyp des Deutschen: sorgfältig, detailliert, umfassend. Der Inhalt zählt! In Deutschland herrscht auch eine ausgeprägte Kultur, die das Schreiben der Abschlußarbeiten in Unternehmen vorsieht. Dement... ahhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhh Probe-Feueralarm!!!! Etwa fünf Sekunden pro Woche Terror seitens der Wohnheimverwaltung. Man kann nicht, anders als sich jedesmal erneut zu erschrecken... ähmmmm... Dementsprechend ist ein Großteil der Arbeiten praxisorientiert und, ich sag mal, sinnvoll. Die Resultate haben einen hohen Stellenwert.
In Schottland werden die meisten Arbeiten innerhalb der Uni geschrieben. Man kann sagen, die Arbeiten sind sehr theoretisch ausgerichtet. Kooperationen mit Dritten gehören zur Seltenheit. Ich als theoretisch ungebildeter FH-Student, der Praxisorientierung quasi immer zum Frühstück serviert bekommen habe, ziehe daraus den Schluß, dass die Arbeiten praktisch weniger sinnvoll sind. Das soll nicht heißen, dass die Arbeiten schlecht sind! Keinesfalls! Daran wird aber ersichtlich, dass der Inhalt, also das 'Was', nicht der Schwerpunkt ist. Hier wird großen Wert auf das 'Wie' gelegt: Wie wurde die wissenschaftliche Arbeit durchgeführt? Es ist also relativ egal was man macht, denn bewertet wird am Ende wie es gemacht wurde. Das fängt bei der Literaturrecherche an: Grob die Hälfte meiner Arbeit widmet sich einem Review / einer kritischen Durchsicht auf die vorhandenen Literatur in dem Gebiet. Wer hat was bereits geschrieben? Weiter geht es mit dem methodischen Vorgehen: Was ist das Ziel meiner Arbeit, welche Daten brauche ich, wie werte ich diese aus? Erst der kürzere letzte Teil widmet sich den Ergebnissen.
Zusammengefaßt läßt sich also sagen, dass die Schotten/Briten bei der akademischen Ausbildung einen sehr großer Wert auf Methodik setzen, während in Deutschland ein nicht geringer Fokus auf dem Inhalt liegt.
Dieser grobe Vergleich basiert sehr stark auf meinen persönlichen Erkenntnissen und Beobachtungen. Wichtig sei nochmal zu betonen, dass ich von einer Fachhochschule komme und somit nicht wirklich das deutsche Uni-System kenne. Gut möglich, dass meine kleine Analyse verkehrt liegt. Darüber lasse ich mich in der Kommentarfunktion gerne kritisieren.
Warum schreibe ich das Ganze überhaupt (mal wieder)? Weil ich diese Erkenntnis gerne vor meinem Studiumbeginn hier gehabt hätte! So hätte ich von Anfang an mehr Wert auf die Methodik gelegt, anstatt mit halben Wissen voranzupreschen. Im Nachhinein weiss man es eben besser! Es soll aber nicht heißen, dass die Angriff-ist-die-beste-Verteidigung-Methodik falsch ist, nur anders.

2 Kommentare:

borkus hat gesagt…

Larry, da muss ich erstmal widersprechen.
Aber halt, ich hatte mal ein Seminar auf dem Schlemmerbuckel da ging es u. a. um das richtige Kritik üben. Also erstmal das Lob vorweg *nach Lob sucht* ;-)
Danke für den Einblick in deine Arbeit - nachdem ich heute schon einen kurzen in das außeruniversitäre Leben erhalten habe. Und an dieser Stelle auch Grüße an Christine :)
Trotz all der Asche die du auf deinem Haupt verstreut hast und der Selbstkasteiung ob der FH-Zugehörigkeit, finde ich es ziemlich - hmm, nunja, wie soll ich's ausdrücken - imposant, wie du versuchst deinen Eindruck, dass in Dtld mehr praktisch und in GB eher theoretisch-wissenschaftlich orientiert gearbeitet wird, zu hinterlegen, nämlich mit ausführlichen Gesprächen zufällig beim gemeinsamen Grillen anwesender Personen gleichen Alter. (boah, watt n Satz, oder? :D )
Was ich sagen will, mein Eindruck ist nicht, dass ein Großteil im Unternehmen geschrieben wird. Relevant sind sicher die meisten der DAs, das Problem ist nu dass sie oft einfach im Fachbereich der betreuenden Uni verschwinden und nicht Unternehmen zugängig gemacht werden um eine Wertschöpfungskette in Gang zu setzen (außer der betreuende Prof hat gerade Kontakte in die Wirtschaft durch Drittmittelprojekte...) Kannst du das nicht irgendwie mit ner Studie belegen? Ich könnt mir vorstellen dass da so einige Leute voll drauf abfahren würden ;)

Ansonsten weiter gl beim schreiben und networken :)

Valeri Wiegel hat gesagt…

Mein Vergleich hinkt an vielen stellen und steht auf wackeligen Beinen, dennoch denke ich, dass unsere Hinterhof-Grillabend-Diskussionen einen Kern an Wahrheit tragen. Mir drueckt auch der Schuhe an der Stelle, dass ich das deutsche System persoenlich gar nicht kennenlernen durfte. Vielleicht liege ich wirklich fern der Realitaet mit meinem Eintrag...
dennoch, wenn ich die Erfahrung der Vorlesungen beruecksichtige, dann verstaerkt dies die Behauptung, dass Methode hier wichtiger ist als Inhalt.
Wahrscheinlich spielt es auch eine Rolle, in welcher faculty man ist...