24 November 2009

SICSA DEMOfest

Heute durfte ich an einer interessanten Veranstaltung teilnehmen. SICSA ist eine Organisation, die die Foerderung der schottischen Forschung im Bereich Technik als Ziel hat. Schottland gehoert in diesem Bereich bereits zur Weltspitze, doch die Leute hier Ruhen sich nicht auf diesem Thron aus, sondern sie arbeiten hartnaeckig weiter.
Das DEMOfest bot schottischen Unis die Moeglichkeit, sich zu praesentieren und potentielle Partner aus der Industrie oder Wirtschaft zu gewinnen. Auf, in Anbetracht der zahlreichen Besuchern, relativ kleinen Raum hatte jedes praesentierte Projekt Platz fuer einen Laptop und ein Poster, welches das Projekt beschreibt. Wer interessiert war, konnte direkt mit dem Forscher sprechen.
Daneben gabs die Moeglichkeit, Leute kennenzulernen und wiederzusehen. So habe ich auch das Glueck gehabt, Ali wiederzusehen. Ueber Twitter (Achtung: Nutzen!) wusste ich vorab, dass er anwesend sein wird. Wie es sich herausstellte, wusste er das auch ueber mich (ich habe es ebenfalls vorab getweetet!). Ali habe ich Anfang des Jahres auf einer anderen Veranstaltung kennengelernt. Er forscht in einem aehnlichen Bereich, kommt aber aus einer anderen Richtung. Leider fehlt mir an der Napier Uni ein PhD'ler mit dem ich mich austauschen kann. Deswegen war es interessant, wenn auch nur kurz mit ihm zu reden. Das hat aber bereits gereicht, um eine interessante Idee aufzuschnappen!
Aber es gab natuerlich weitere interessante Dinge, ueber die ich erzaehlen mag. Die meiner Meinung nach faszinierendste Technologie war das Eye Tracking. Hierbei wird die Bewegung des Augens beim Betrachten eines Videos verfolgt. Das gezeigte Video am Stand (wer mag, kann z.B. hier selber nachschauen: Link zum Video) war eine Sammlung an Daten von etwa 20 Personen. Man kann wunderbar erkennen, was die Aufmerksamkeit der Masse auf sich zieht. Der Psychologe im Projekt erklaerte mir auf Nachfrage die Details. Ich koennte mir hunderte, moegliche Einsatzmoeglichkeiten fuer diese Technologie ausdenken!
Eine andere Technologie war eine technische Handprotese, die an eine Taschenlampenhuelse befestigt war, quasi eine mobile Protese fuer unterwegs. Auf Knopfdruck schloss oder oeffnete sich die Hand. Das erinnerte mach an die Simpsons-Episode mit der Affenhand, die jeden Wunsch erfuellte, aber stets eine teuflische Seite mit sich brachte.
Zuguterletzt habe ich noch das altbekannte Spiel "Vier gewinnt" gespielt. Aber nicht gegen irgendwen, sondern gegen irgendwas! Mein Gegner war ein Roboterarm, der vor mir auf ein Podest geschraubt war. Ueber eine Webcam wurde das Spiel gefilmt, damit der Computer "lesen" konnte, wie die Spielsteine sind. Der Arm hat dann lediglich einen Spielstein aufgenommen und ihn in die jeweilige Reihe fallen lassen. Ich habe es lange ausgehalten, doch am Ende war er in der besseren Situation. Ich habe gegen den robotischen Arm verloren, der auch noch einen Siegestanz vorfuehrte, um die Niederlage perfekt zu machen.
Edinburgh ist eine vielseitige Stadt. Wenn man moechte, kann man viel sehen und mitmachen. Ich habe großen Gefallen daran gefunden. Fast jede Woche gibt es irgendwo eine interessante und fachbezogene Praesentation.
Morgen frueh findet bereits das naechste Event statt. Ich habe mich freiwillig gemeldet, bei der Organisation einer PhD-Konferenz fuer naechsten Juni mitzuhelfen. Eine gute Gelegenheit, wieder ein paar Leute kennenzulernen.

Sorry, dass ich keine Bilder liefern kann. Derzeit fehlt es mir an Ausruestung. Und nochmal sorry, dass die Beitraege derzeit nichts skandaloeses an sich haben. Ich warte selber auf die naechste heisse Story!

17 November 2009

Was ist Social Informatics?


Wie im letzten Beitrag angekündigt, ist es nun mal an der Zeit, ein paar Worte an mein Forschungsgebiet zu richten. Bekanntermaßen beschäftige ich mich mit Social Informatics. Was heißt Social Informatics?
Mein Verständnis vor wenigen Wochen war noch, dass der Fokus von Social Informatics auf Software lag, die soziale Aspekte hervorhebt und unterstützt. Unter sozialen Aspekten verstand ich Kommunikation und Interaktion zwischen Menschen. Wie kann Software das Zusammenarbeiten dezentraler Teams verbessern, wäre eine beispielhafte Fragestellung, so meinte ich. Inzwischen aber distanziere ich mich weitestgehend von dieser Annahme! Mein Research Proposal (Forschungsvorschlag), das ich im Rahmen meiner Bewerbung erstellen musste, ist sogar das beste Zeugnis meiner Unwissenheit.
Social Informatics befasst sich zwar mit Menschen, aber hinzu kommen Technologie und Organisationslehre. Das Zusammenspiel dieser drei Komponenten ist der Gegenstand der Forschung. Ein Irrglaube heutzutage ist, dass diese Bestandteile einzeln betrachtet werden können, um ein technisches oder soziales Phänomen in diesem Umfeld zu erklären. Man kann jedoch nicht eine Technologie (egal ob Feuerzeug, Taschenrechner oder Atomkraftwerk) für sich alleine nehmen und erklären, warum die Technologie sich dahin entwickelt hat, wo sie ist. Es lässt sich auch nicht erklären, warum die Menschheit sich dahin entwickelt hat, wo sie heute ist, ohne dabei technische Errungenschaften zu berücksichtigen. Genauso wenig lässt sich erklären, warum eine Organisation ihre typischen Abläufe, Routinen und Regeln hat, ohne dabei die Rolle technischer Komponenten zu bedenken. Umgekehrt lässt sich das ebenso argumentieren, dass Technologien nicht entstanden wären, ohne entsprechende institutionelle und soziale Einflüsse.
Die Entwicklung des Telefons ist ein Beispiel das mir gut gefallen hat. Ursprünglich wurde es entwickelt, um Musikkonzerte zu übertragen. Wer hätte damals gedacht, dass diese Technologie weiterentwickelt werden würde, um eine bidirektionale Kommunikation zu ermöglichen? Später wurde dieselbe Technologie verwendet, um ein Fax zu versenden. Heute ist es ein „elektronisches Surfboard“ für das Internet. Ein Blickwinkel ist es zu behaupten, dass die Evolution des Telefons das Resultat von Verhandlungen zwischen sozialen und politischen Gruppen war. Diese Einflüsse haben das Wesen und die Natur des Telefons immer weiter gestaltet und verändert. Die Einführung des Telefons war eine Innovation. Diese Innovation wurde nach ihrer Implementierung umgeformt, es fand quasi eine Re-Innovation statt und dieser Zyklus setzte sich immer weiter fort.
Technologie ist somit nicht einfach nur eine Maschine oder ein lebloser Gegenstand, der von seinem Entwickler für einen einzigen Zweck geschaffen wurde. Technologie ist ein kulturelles Produkt, das durch Interpretationen von Menschen entstanden ist. Es verkörpert soziale Strukturen und Erwartungen der Interessensträger.
Social Informatics öffnet die ‚black box‘ der Technologie und ergründet die Fragen, wie und warum Technologien entstehen und warum sie ihre Umgebung verändern. Gleichzeitig wird auch betrachtet, wie und warum Organisationen bzw. Institutionen Technologien verändern und welchen Einfluss sie haben. Die Antworten darauf könnten z.B. helfen zu erklären, warum technologische Entwicklungen fehlschlagen, wobei ‚fehlschlagen‘ erst einmal definiert werden müsste.
Wie man vielleicht bereits herauslesen kann, habe ich ein sehr großes Interesse und die persönliche Motivation, diese Fragen mit einer wissenschaftlichen Logik zu untersuchen. In den nächsten Monaten werde ich mich weiter in diese und naheliegende Fachbereiche einlesen. Eine große Herausforderung besteht darin, die philosophischen und soziologischen Grundpfeiler der Social Informatics zu verstehen. Sobald das geschafft ist, sollte ich die kontroversen Debatten der heutigen Wissenschaft besser verstehen können. Bis dahin lasse ich mich aber noch erschlagen von Begriffen wie Essentialismus, technologischem Determinismus, (sozialer) Konstruktivismus, Soziologie wissenschaftlichen Wissens etc. Spaß macht es aber trotzdem!

05 November 2009

Mietvertrag unterschrieben und eingezogen

Fast vier Wochen bin ich nun wieder in Edinburgh. In der Zwischenzeit habe ich in drei verschiedenen Räumen gewohnt. Aber seit Montag bewohne ich nun mein eigenes Zimmer.
Meine Hauptkriterien waren Lage, Preis und Qualität. Die ersten beiden Kriterien werden von dem Zimmer absolut erfüllt. Die Qualität jedoch läßt inzwischen stark zu wünschen übrig.
Zunächst die guten Aspekte: Lage und Preis. Aus meinem Zimmer heraus kann ich die Uni sehen. Ich brauche keine zwei Minuten von meinem Zimmer bis zum Schreibtisch in der Uni. Der Preis ist erstaunlich niedrig: 255 Pfund (inklusive Council Tax/Steuer) + Rechnungen. Ich habe mich anfangs schon damit abgefunden, nicht unter 350 Pfund zu kommen.
Nun die Kehrseite der Medaille. Die Qualität der Wohnung läßt viel zu wünschen übrig. Die Fenster sind alt, die Moebel sind alt, alles ist alt. Normal muß das nicht unbedingt schlecht sein. Doch rechnet man nun noch einen Mangel an Ordnungsbewußtsein der meisten Mitbewohner hinzu, ergibt sich daraus eine mangelhafte Qualität. Dies äußert sich hauptsächlich in der Küche. Das Geschirr stapelt sich neben der Spüle, in der Ecke lagert einer seinen Müll, die Küchenplatte wird zur Hälfte als private Abstellfläche genutzt, der Putzplan stammt scheinbar aus vergangenen Tagen... die Mitbewohner sind alle nett und freundlich, keine Frage! Lediglich die Haushaltsroutine ist das Problem, es gibt sie quasi nicht. Ich werde dagegen angehen, ich weiss nur nicht wie. Die erste Woche laße ich kommentarlos verstreichen. Schauen wir mal, wie sich das entwickelt.
Das Wochenende rückt näher und ich muss gestehen, daß ich noch nicht viel unternommen habe, seitdem ich wieder hier bin. Vergangenen Freitag gab es eine fakultätsinterne Feier, bei der vier Kollegen in die Rente verabschiedet wurden. Natürlich wurde hierzu ausreichende Mengen an Snacks und Wein bereitgestellt. Anschließend gingen einige der Gäste in eine nahegelegene Bar zum Ausklingen. Es war eine gute Gelegenheit, andere Mitarbeiter der School of Computing kennenzulernen. Den Samstagvormittag verbrachte ich schließlich komplett im Bett und wobei ich mir in etwa 20 Folgen der Serie 'Family Guy' am Stück genehmigte. Der Rest des Wochenendes beinhaltete lediglich noch etwas Sport und war weniger spektakulär.
Ich nehme mir vor, demnächst etwas zu meiner akademischen Arbeit zu schreiben, sollte ich über kein nennenswertes Ereignis wie einen Trip ins Umland oder dergleichen berichten koennen.
Jetzt gerade ist es hier 3 Uhr am Morgen und ich sitze im Tag-und-Nacht geoeffneten Rechenzentrum des Merchiston Campus. Warum? In der WG gibt es derzeit keine Internetverbindung und jetzt im Moment läuft live Spiel Nr. 6 der World Series (die Saison-Endspiele) zwischen den Yankees und den Phillies. Danke, Flo, für die Zugangsdaten! :)